Lagerleiter Georg Grünberg

Georg Grünberg wurde am 10.10.1906 in Freiburg an der Elbe geboren, besuchte dort von 1913 bis 1922 die Mittelschule und begann danach von 1922 bis 1924 ein Volontariat in einem Industriebetrieb. Anschließend studierte er Elektrotechnik, bekam 1927 sein Diplom und war von da an arbeitslos. Schon 1931 wurde er Mitglied der NSDAP, der SA und bald darauf der SS. Grünberg engagierte sich zunächst für die NSDAP in der Kommunalpolitik seines Heimatorts Wischhafen. Von 1942 an war Grünberg in Konzentrationslagern tätig. Die entsprechende Ausbildung erhielt er u.a. in Dachau.

Als Kommandant war er in Friedrichshafen und Überlingen eingesetzt.

In Friedrichshafen arbeiteten 1202 Häftlinge für die Luftschiffbau Zeppelin GmbH. Es  wurden die Mittelteile für die V2-Raketen aus zwei Halbschalen mit zwei Tanks, den Verrohrungen und Brennkammern montiert. Nach dem Luftangriff vom 27. auf den 28. April 1944 wurden ca. 400 Häftlinge nach Saulgau verlegt und arbeiteten dort am gleichen Programm weiter. Im Dezember 1944 löste Untersturmführer Ludwig Geiß den Lagerleiter Grünberg in Saulgau ab. Die anderen Friedrichshafener Häftlinge kamen nach Raderach, dort befand sich das Testgelände für die Brennkammern. Am 25. September 1944 wurde das Lager in Raderach aufgelöst und 762 Häftlinge wurden über Dachau nach Buchenwald verlegt. Georg Grünberg war als Lagerführer sowohl für Raderach als auch zu Beginn für Saulgau verantwortlich und kam regelmäßig zu Inspektionen. Erst nachdem das Lager in Raderach aufgelöst war und in Saulgau sein Nachfolger das Kommando übernahm, war Grünberg ausschließlich für Überlingen tätig.

Grünberg war als strenger und arroganter Vorgesetzter gefürchtet. Das geht sowohl aus seinen dienstlichen Beurteilungen hervor, als auch aus Berichten von Häftlingen. Er leitete das Überlinger Lager bis zu seiner Auflösung, begleitete noch den Rücktransport der Häftlinge Ende April 1945 von Überlingen nach Allach bei Dachau und flüchtete dann nach Süden in die „Alpenfestung“. In Zivil schlug er sich dann nach Norddeutschland durch.

Grünberg starb am 13.1.1976 in Freiburg an der Elbe, wo er eine Gaststätte am Fährhafen betrieb, ohne jemals verurteilt worden zu sein.

Über den Lagerleiter Grünberg berichtet Adam Putschart, der von Oktober 1944 bis zu seiner Flucht in die Schweiz im Februar 1945 im KZ-Außenlager Aufkirch war: „In Überlingen am Bodensee befindet sich seit einiger Zeit ein Konzentrationslager. In diesem KZ sind 700 – 800 Häftlinge untergebracht. Die Häftlinge rekrutieren sich aus Russen, Polen, Italiener, Österreicher und einigen Deutschen. Lagerleiter ist ein gewisser SSObersturmführer Grünberg.

Das Lagerleben im Konzentrationslager Überlingen unterscheidet sich durch nichts von anderen ähnlichen Einrichtungen in Deutschland. Die Gefangenen werden unmenschlich behandelt. Nicht umsonst wird SS-Obersturmführer Grünberg als „Massenmörder“ bezeichnet.

In der Tat, Herr Grünberg kann für sich den traurigen Ruhm beanspruchen, innerhalb weniger Monate 250 Menschen ins Jenseits befördert zu haben. Davon wurden 150 Opfer im Krematorium in Konstanz verbrannt, die übrigen 100 wurden im Wald von Überlingen verscharrt.

Wie der blutdürstige SS-Obersturmführer mit den Gefangenen umspringt, wird von einem Augenzeugen in folgender Weise geschildert:
Grünberg säuft mit Vorliebe Schnaps. Wenn er besoffen ins Lager kommt, muss sich jeder Lagerinsasse vor ihm in Acht nehmen. Begegnet ihm in seinem Rausch ein Gefangener, der infolge der schlechten Ernährung und den körperlichen Anstrengungen nicht aufrecht geht, ruft er ihn herbei und erkundigt sich nach seinem Befinden. Erklärt der Lagerinsasse, dass er sich krank fühle, so tritt ihn Grünberg mit seinen Stiefeln in den Unterleib. Bricht der Gefangene unter dieser Misshandlung zusammen, so tritt dieser Schweinehund von SSObersturmführer so lange auf seinem Opfer herum, bis dieses verendet. Hat er seine „Heldentat“ vollbracht, begibt er sich mit geschwellter Brust in die nächste Baracke, um dort die übrigen Insassen zu terrorisieren.

Was bedeutet Georg Grünberg schon ein Menschenleben! In Dachau sitzen noch viele Opfer. Er hat nur aus jenem Lager den nötigen „Nachschub“ anzufordern und schon sind die entstandenen Lücken wieder ausgefüllt.“

Quellenangabe: Arbeiter-Zeitung. Tageszeitung des werktätigen Volkes. Organ der Sozialistischen Arbeiterpartei des Kantons Schaffhausen, 27. Jahrgang, Nr. 76 vom Samstag, den 31. März 1945 (Titelseite)